„Man soll sein Glück nicht überstrapazieren“ - Sepp Rottmoser, ehemaliger Weltklasse-Skibergsteiger im Portrait

Rottmoser 2015 beim Sprint-Weltcup im Piemont, Foto DAV/Seebacher
Josef „Sepp“ Rottmoser (34) gehörte viele Jahre zur Weltelite der Skibergsteiger. Als Sprintweltmeister, Europameister und Weltcupgesamtsieger prägte er die Sportart wie kaum ein anderer in Deutschland. Eigentlich wäre er noch nicht zu alt und ist immer noch ziemlich fit.

Mitte Dezember fand im französischen Courchevel der erste Weltcup der Skibergsteiger in dieser Saison statt. Einer sehr anspruchsvollen Sportart, die bei den Olympischen Winterspielen 2026 in Mailand und Cortina d'Ampezzo erstmals mit dabei sein wird. Mit den Disziplinen Sprint und Mixed-Staffel. Sprint war die Paradedisziplin von Sepp Rottmoser vom DAV Rosenheim. Kaum ein anderer Athlet sprintete so schnell auf den dünnen Brettern die Berge hinauf wie der ehemalige Rosenheimer, der jetzt seit einem Jahr mit seiner Familie in Nußdorf direkt am Fuße des Heubergs lebt.

Rottmoser beim Weltcup-Sieg im Martelltal 2015,
Foto DAV/Seebacher
Rottmoser war von 2006 bis 2015 Mitglied der DAV Nationalmannschaft Skibergsteigen und holte im französischen Pelvoux 2013 als erster deutscher Skibergsteiger überhaupt einen Weltmeistertitel. Zudem wurde er 2012 Europameister und feierte neben vielen weiteren Erfolgen 2013 auch den Weltcupgesamtsieg im Sprint. Im März 2015 siegte er noch einmal beim Sprint-Weltcup Martelltal, obwohl er zu der Zeit in Südtirol die Meisterschule im Gartenbau besuchte und nur wenig trainieren konnte. 2017 dann nach zweijähriger Pause sein bisher letzter Wettkampf, wo er beim 5. Dynafit Vinschgau-Cup im Skigebiet Schöneben ohne Training die Konkurrenz einmal mehr hinter sich ließ.

Das aktuelle Weltcup-Geschehen verfolgt er derzeit nur am Rande, aber es freut ihn unheimlich, dass die Sportart jetzt doch olympisch wird. Und so ganz lässt ihn der Sport auch nicht los. Beim ersten Weltcup der Skibergsteiger auf deutschen Boden am Jenner 2020 moderierte er die Rennen. „Und wenn ich in den aktuelle Ergebnislisten die Namen meiner Konkurrenten von damals, wie der Italiener Antonioli oder einige gleichaltrige Franzosen, lese, dann frage ich mich schon manchmal, ob ich da noch mithalten könnte“, sagt Rottmoser. Er ist und bleibt Sportler mit Leib und Seele und das Wettkampffieber brenne schon noch ein bisschen in ihm, gesteht er. „Aber man sollte das Glück auch nicht überstrapazieren und ich darf unglaublich froh darüber sein, dass ich die vielen Wettkampfjahre ohne eine ernstere Verletzung überstanden habe.“

Foto Petra Rapp
Hohe Belastbarkeit durch leistungssportliche Basis
Dass er sich sportlich aber immer noch in anderen Dimensionen bewegt, sieht man beispielsweise, wenn man ihn zufällig am Sudelfeld trifft, wo er in einem unglaublichen Tempo die sechsjährige Antonia und den fünfjährigen Seppi hinter sich hinaufzieht und oben dann auf seine Frau Lisa mit der neun Monate alten Tochter Miriam in der Trage wartet. Die Ski habe er immer im Auto, um im Winter „schnell mal in einer Baustellenpause oder am Abend“ auf den Berg zu laufen. Oder er schwingt sich auf das Mountainbike. „Ich brauche rund eine Stunde von der Haustür auf den Heuberg und wieder zurück. Da war ich in diesem Jahr bestimmt schon fünfzig Mal oben“, erzählt er. Er klettert auch noch oder besteigt mal schnell im Urlaub in Cervinia das Matterhorn solo in vier Stunden. „Ich leite seit 2017 eine eigene Gartenbaufirma mit über zehn Mitarbeitern, wir haben drei kleine Kinder und zuletzt unser Haus in Nussdorf gebaut. Mein Tag beginnt um 4:45 Uhr und endet meist gegen 22 Uhr, wenn die Kinder schlafen und das Wichtigste im Büro erledigt ist. Mein langjähriger leistungssportlicher Hintergrund hilft mir sehr im Unternehmen und auch im sonstigen Leben in Sachen Belastbarkeit und Effizienz. Und ich brauche den Sport nach wie vor, diese wenigen Minuten am Tag ganz allein für mich, meist auch ohne Handy, als Ausgleich.“

Den Kindern Spaß am Sport vermitteln
Große sportliche oder alpinistische Ziele habe er eigentlich im Moment nicht, sagt er, aber vielleicht macht er mal wieder irgendwo ein Aufstiegsrennen mit. „Vor allem, damit unsere Kinder das auch mal sehen, was der Papa da sportlich so geleistet hat. Sie schauen sich meine Medaillen schon immer mal wieder an und fragen nach, wie schnell man da laufen muss, um so eine Medaille zu gewinnen.“ Wichtigstes Ziel für ihn und seine Frau Lisa, selbst ehemalige Skibergsteigerin, ist es, den Kindern ihre persönliche Leidenschaft für die Berge und eine gute sportliche Basis mitzugeben. „Ganz ohne Zwang. Den habe ich selbst auch nie verspürt. Ich habe alles immer aus eigener Überzeugung gemacht. Unsere Kinder sollen sich möglichst vielseitig ausprobieren und da unterstützen wir sie so gut wie möglich. Dann sollen sie später selbst entscheiden, was sie damit machen.“ Petra Rapp