Behindertensport Ski alpin: „Der Sport wird immer professioneller!“

Thomas Münch
Die ursprünglich am Sudelfeld geplanten Deutschen Meisterschaften im Behindertensport Ski Alpin finden jetzt am kommenden Wochenende, 9. und 10. April, im Kühtai/Tirol statt. Unsere Redaktion sprach mit Rennleiter Thomas Münch vom Veranstalter SV Bruckmühl, zugleich Fitnesstrainer des Deutschen Paralympic Ski Team Alpin. 

Redaktion: Der SV Bruckmühl als Veranstalter einer Deutschen Meisterschaft im Behindertensport Ski Alpin: Wie kam es dazu?
Münch: Rollstuhlfahrer Franz Hanfstingl und ich kommen beide vom SV Bruckmühl. Unser Verein feiert in diesem Jahr 100jähriges Jubiläum. Da dachten wir, das wäre ein passender Anlass, dieses Rennen auszurichten. Schade, dass es am letzten Märzwochenende am Sudelfeld aufgrund der schlechten Schneelage nicht geklappt hat.
Redaktion: Wie sehen die Rennen aus? Ganz normal wie jedes andere Alpinrennen?
Münch: Es wird einen Riesenslalom und einen Slalom geben, die sich grundsätzlich nicht von den Rennen der Nichtbehinderten unterscheiden. Es gelten genauso die Bestimmungen aus dem FIS Reglement.
Redaktion: Welche Behinderungen haben die Teilnehmer? Wird das irgendwie klassifiziert?
Münch: Es gehen ausschließlich körperlich behinderte Athleten an den Start. Es gibt jeweils drei Startklassen/Kategorien bei Damen und Herren, die auch jeweils einzeln gewertet werden. Sie fahren aber alle denselben Lauf. Die erste Klasse sind die Sehbehinderten, dann die Querschnittgelähmten (Monoskifahrer) und dann die Fahrer, die stehend fahren und Behinderungen an Armen oder Beinen haben. Die Klassen werden offiziell „Sehbehindert“, „Sitzend“ und „Stehend“ bezeichnet. Innerhalb der Klassen wird nach Schweregrad der Behinderung unterschieden. Es gibt ähnlich wie beim Golf ein Handicap-System. Wer schwerer behindert ist, bekommt einen Zeitbonus. Die Athleten werden regelmäßig von Ärzten und Physiotherapeuten untersucht und dementsprechend klassifiziert.
Redaktion: Mit wie vielen Teilnehmern rechnet Ihr?
Münch: Momentan mit 30 bis 40 Startern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Redaktion: Sie sind nicht nur Rennleiter der Meisterschaften, sondern auch Fitnesstrainer des Deutschen Paralympic Ski Team Alpin. Seit wann und wie kam es dazu?
Münch: Ich kam über meine jetzige Team- und damalige Studienkollegin Maren Goll dazu. Sie ist beim Team als Trainerin tätig ist. Ich arbeitete zuerst im Nachwuchsteam. Der Sprung ins Nationalteam hat sich dann durch meine Diplomarbeit an der TU München ergeben. Ich führte mit den Rollstuhlfahrern Leistungstests im Labor durch und entwickelte neue Methoden zur Leistungsdiagnostik und Trainingsplanung. Seit der Saison 2006/07 bin ich fest im Team.
Redaktion: Wie sieht diese Arbeit konkret aus?
Münch: Die Athleten werden zweimal im Jahr an der Fakultät für Sportwissenschaften der TU München einer Leistungsdiagnostik unterzogen, ähnlich wie das bei den Nichtbehinderten der Fall ist. Anhand der Ergebnisse aus dem Labor erstelle ich individuelle Trainingspläne für den Kraft und Ausdauerbereich. Über die Vorbereitungszeit kontrolliere und überprüfe ich das Konditionstraining. Während der Schneelehrgänge und bei den Rennen führe ich die Konditionstrainingseinheiten durch. Trainiert wird genauso wie im Nichtbehindertensport Kraft, Ausdauer, Koordination und Beweglichkeit.
Redaktion: Wie ist die Tendenz allgemein im Behindertensport Ski alpin, die Akzeptanz in der Öffentlichkeit?
Münch: Der Sport wird immer professioneller, die Leistungsdichte immer größer. Wer nicht diszipliniert trainiert im Sommer, hat keine Chance. Im Schnitt kommt das Team auf 60 bis 80 Skitage im Jahr. Durch das immer stärker werdende Medieninteresse werden die Athleten auch für Sponsoren interessant. Die Akzeptanz in der Öffentlichkeit ist inzwischen sehr groß. Die Resonanz nach den Paralympics in Vancouver war enorm.
Redaktion: Wie kommen Behinderte zum Ski alpin Rennsport?
Münch: Oft waren sie bereits vor ihrer Behinderung Rennläufer oder vom Skisport begeistert. Einige sind in ihrer Rehabilitation darauf aufmerksam gemacht worden. Wir Trainer versuchen zusammen mit dem Deutschen Behindertensportverband möglichst viele Athleten zu gewinnen, indem wir an sportbegeisterte behinderte Personen herantreten. Von ehemaligen behinderten Athleten werden auch Schnupperkurse angeboten.

Detaillierte Infos zum Rennen gibt es unter www.skibruckmuehl.de, zu Thomas Münch unter www.maximum-performance.net

Das Interview führte Petra Rapp.