Pia Widmesser: Zwanglos in die Tiefe

P. Widmesser, Foto Rapp
Pia Widmesser aus Kiefersfelden ist derzeit die beste deutsche Freeskierin - der Spaß steht bei ihr im Vordergrund.

Kaunertal - Große Sprünge im tiefen Powder sind im Moment in den Alpen nicht möglich. Selbst auf dem Kaunertaler Gletscher ist die Schneelage so mau, dass auch die besten Freerider und Freeskier der Welt hier überwiegend auf der Piste bleiben müssen. „Mein Training beschränkt sich deshalb derzeit vor allem auf gezieltes Fitnesstraining, um mich für die Tour fit zu machen“, erzählt Pia Widmesser bei einem Termin ihres Sponsors W.L. Gore auf dem Tiroler Gletscher. Die 27jährige aus dem oberbayerischen Kiefersfelden ist auf Ski groß geworden. Zuerst als klassische alpine Rennläuferin im Skiverband Inngau, wo sie für den WSV Oberaudorf bei Kinder- und Schülerrennen an den Start ging. Dann als Ski Crosserin, wo sie es bis ins Nationalteam schaffte. Seit einigen Jahren stürzt sie sich als Freeskierin steile Hänge mit spektakulären Cliffs hinunter. Kaum vorstellbar, wenn man die sympathische Inntalerin in ihrer ruhigen Art und mit ihrer Figur, die eher an ein Modell erinnert, im normalen Alltag erlebt. Im letzten Winter gelang Widmesser der große Sprung in die Freeride-Weltelite: Sie qualifizierte sich als erste deutsche Freeskierin überhaupt für die Freeride World Tour (FWT), bei der nur acht Frauen auf Ski teilnehmen dürfen. In La Clusaz (FRA) wurde Widmesser Dritte und feierte den größten Erfolg ihrer Karriere. In der Gesamtwertung der Tour belegte sie Rang acht und war nicht ganz zufrieden. „Ein bisschen mehr wäre schon drin gewesen, ich konnte mein Potential nicht ganz umsetzen. Aber für mich war es ein riesiges Erlebnis, überhaupt dabei gewesen zu sein.“

FWT-Präsentation 2012, Foto Rapp
Ob Pia Widmesser neben dem deutschen Freeskier Sebastian Hannemann und der ebenfalls noch nicht fest nominierten deutschen Snowboarderin Aline Bock auch in diesem Winter bei der „Swatch Freeride World Tour 2012“ mit dabei ist, wird zwar erst Ende November entschieden, doch die Chancen stehen sehr gut. Mit Chamonix-Mont-Blanc (FRA, 21. bis 27. Januar), Røldal (NOR, 21. bis 27. Februar 2012) und Verbier (SUI, 24. März bis 1. April) warten dann voraussichtlich drei Tourevents auf die Damen, eventuell kommen noch Termine in Sotchi und in den USA hinzu.

Pia in Aktion, Foto M. Neumann
Pias Ziel beim Kampf um den Titel der weltbesten Freeriderin: „Ich nehme mir eigentlich gar nichts vor. Mir kommt es nicht auf eine bestimmte Platzierung an. Ich freue mich, wenn ich wieder mitfahren darf und will einfach im Ziel mit meinem Run zufrieden sein. Das war ich im letzten Jahr nicht immer.“ Mental muss sie sich noch verbessern, sagt sie, „aber ich habe im letzten Jahr viel dazu gelernt!“ Sich die Lines sehr genau anzuschauen und dann auch diszipliniert genau das zu fahren, was man besichtigt hat, zum Beispiel. Bewertet wird von der Jury, die pro Event aus drei ehemaligen Tourfahrern besteht, bei so einem Run der Gesamteindruck aus den Elementen Speed, spektakuläre Linie, Sprünge und Kontrolle. Um eine möglichst hohe Gesamtnote zu bekommen, bauen die Männer immer öfter auch Freestyleelemente in ihre Runs ein. „Bei den Frauen ist das derzeit noch nicht so, aber das wird kommen und daran muss ich arbeiten. Ich springe zwar schon gerne, aber ich kann im Gegensatz zu den Spitzenfahrerinnen keine Tricks wie Backflip oder 360“, sagt sie und zeigt Ehrgeiz.

Foto: V. Widmesser
Diesen und nächsten Winter will Pia Widmesser noch gerne dabei sein in der Szene der weltbesten Freerider/innen, nebenher ihr BWL-Studium abschließen und noch ein paar schöne Trips und Freeridefilme machen. „Mal schauen, was dann kommt.“ Jetzt muss erst einmal Schnee kommen.

Mehr Infos zu Pia Widmesser gibt es unter www.piawidmesser.de, zur „Swatch Freeride World Tour 2012“ unter www.freerideworldtour.com. Petra Rapp

Der Artikel ist heute auch im Sportteil des Münchner Merkur erschienen.