Ganz oben in Tirol


Ein Gespräch mit Stefan Richter, Marketingleiter der Pitztaler und Kaunertaler Gletscherbahnen, im höchsten Café Tirols über Investitionen am Berg, Karriere und „Piefke“-Vorbehalte

Noch ist das Café "3.440" nicht ganz fertig und der erste Kaffee im höchsten Café Tirols kommt provisorisch aus der Thermoskanne. Aber dass dieses Café in der Bergstation der neuen Wildspitzbahn am Pitztaler Gletscher richtig schön wird, lässt sich auch jetzt, gut eine Woche vor der offiziellen Eröffnung am 9. November 2012, schon sagen. In 3.440 Metern Höhe ragt die futuristische Bergstation auf der Felsspitze. Die mit Panzerglas gesicherte Terrasse des Cafés hängt sieben Meter weit über dem Abgrund. Wenn das Wetter schön ist, hat man hier einen gigantischen Blick auf die Tiroler Alpenwelt. 

20 Millionen Euro wurden in die neue Wildspitzbahn inklusive Café investiert und dabei unter anderem zehn Kilometer Kabel verlegt, 120 Tonnen Stahl und viel Glas verbaut. „Das war eine echte Meisterleistung von allen Beteiligten. Die neue Bahn und das Café wurden innerhalb von nur fünf Monaten fertiggestellt“, sagt Stefan Richter. Dass die höchste Bahn Tirols und das Café jetzt möglichst viele Leute anlocken und auch im Sommer zu einer echten touristischen Attraktion werden, ist als Marketingchef vor allem sein Job. Aber wer Stefan Richter einmal kennengelernt hat, weiß, dass er diesen Job gut machen wird. Er hat sich durchgesetzt hier als Deutscher in Tirol.

Vom Harz via München nach Tirol

Der 37jährige Diplomkaufmann kommt aus Wernigerode im Harz, hat in Marburg studiert und dann in München gearbeitet. Mit seiner Freundin zog der Skilehrer und begeisterte Freerider später nach Innsbruck, arbeitete dort im Marketing und trat vor sechs Jahren seinen Marketingjob bei der Kaunertaler Gletscherbahn an. Seit zwei Jahren ist er zusätzlich auch Marketingleiter der Pitztaler Gletscherbahnen. Wie kommt ein Deutscher in Österreich an so eine Position? „Ich habe mich damals einfach für den Job im Kaunertal beworben und zwei Wochen später hatte ich die Zusage.“ Gab es Vorbehalte im Tal gegen den „Piefke“? „Nein, überhaupt nicht. Klar testen einen die Angestellten und Einheimischen, ob man Ahnung von der Materie hat und man Skifahren kann. Ich bin gleich am Anfang mit der Betriebsleitung auf die Weißseespitze gegangen, dann war das Thema erledigt.“ Auch sprachlich gab es keine großen Verständigungsprobleme, durch seinen Skilehrerjob während des Studiums ist Stefan Richter mit diversen Dialekten im Alpenraum bestens vertraut.

Viel Potential
Marketing für Bergbahnen zu machen, reizt ihn und er sieht hier unheimlich viel Potential für die Zukunft. „Auch wenn wir hier auf den Gletschern im Winter den Vorteil der Höhe und damit die Schneesicherheit haben, die Konkurrenz unter den Bergbahnen ist groß und gutes Marketing umso wichtiger“, sagt Richter, den Technik an sich sehr fasziniert. Aber noch viel größer ist seine Begeisterung für die Berge – eine gute Voraussetzung für den Job. Und dass er absolut nicht kontaktscheu ist und sehr gerne mit Menschen zu tun hat, merkt man sofort. Klar muss er auch sehr viel im Auto sitzen und zwischen den beiden Tälern, seiner Wohnung in Innsbruck und vielen Terminen in München hin- und herpendeln. Aber das macht ihm nichts aus. „Für uns Deutsche ist das relativ normal, eine Stunde oder länger in die Arbeit zu fahren. Für viele Einheimische hier ist das unvorstellbar. Ich liebe den Job und mich stresst das deshalb bisher nicht.“

Werden ihm die Täler nicht manchmal doch zu eng? „Dadurch, dass ich in Innsbruck lebe, geht das. Sonst wäre es schon manchmal beengend. In den Tälern dreht sich nahezu alles um die Bergbahnen und um den Tourismus. Irgendwann braucht man schon auch Abstand. Den habe ich dann in Innsbruck und vor allem auch im Sommer. Da zieht es mich ans Meer und ich genieße die Weite dort.“ Jetzt freut er sich aber erst einmal über den frisch gefallenen Neuschnee, auf viele schöne Freerideabfahrten im Winter und auf den ersten richtigen Kaffee hier oben im höchsten Café Tirols. Petra Rapp