Eine echte Sportikone - Der Raublinger Bertl Rahm blickt mit 96 Jahren auf ein ereignisreiches Leben zurück
Der Raublinger Bertl Rahm (96) |
Sportives Multitalent und Autodidakt
Geboren in Kirchdorf bei Haag, kam er als Vierjähriger nach Raubling, wo seine Eltern ein Milchgeschäft übernahmen. Mit seinem vielseitigen Bewegungstalent fand der großgewachsene Junge schnell im TuS Raubling eine zweite Heimat. Seit 85 Jahren ist er jetzt Mitglied im dortigen Verein. Zuerst war er bei den Leichtathleten, wo er als Hochspringer und Stabhochspringer auch überregional auf sich aufmerksam machte, später nach dem Krieg bei den Fußballern, wo er als damaliger „Läufer“ im Mittelfeld in der legendären Amateurliga-Mannschaft des TuS Raubling entscheidenden Anteil am Erfolg der Mannschaft in der damals höchsten Amateurspielklasse hatte. Nach der Fußballkarriere dann als begeisterter Tennisspieler in der Tennisabteilung im TuS, wo er nicht nur durch seine ästhetische Spielweise auffiel, sondern sich auch viele Jahre als Sport- und Platzwart engagierte.
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Bertl Rahm mit der legendären Amateurmannschaft des TuS Raubling |
Leidenschaftlicher Skifahrer und Kletterer
Seine große Liebe gehörte aber immer den Bergen, in denen sich der sportliche Autodidakt so oft wie möglich kletternd oder auf Ski aufhielt. Was damals meist so aussah: Raus aus der Arbeit, rauf auf’s Radl, hinein nach Tirol und hinauf zum Stripsenjochhaus, wo er mit seinen Inntaler Freunden wie Herbert Konrad und Ludwig Joas im Wilden Kaiser mit genagelten Schuhen und Hanfseilen die schwierigsten Routen kletterte. Oder er ist im Winter jede freie Minute zum Skifahren auf den Wendelstein, in die Kitzbüheler Berge oder wie später mit seiner zweiten Frau Irene gerne auch weiter weg. Zum 70sten hat ihm seine Frau den Traum vom Skifahren im kanadischen Banff und Lake Louis erfüllt.
44 Jahre Mitarbeiter der PWA
Die Berge hielt er fest in seinen Bildern. Schon in jungen Jahren hatte er, der so gut wie jeden Gipfel in den Alpen kennt und auf sehr vielen von ihnen war, immer eine Kamera dabei. Und sie hielten ihn in schweren Zeiten, die so ein langes Leben mit sich bringt. Nach der Schule begann er mit 14 eine Ausbildung zum Schlosser in der damaligen Papierfabrik in Redenfelden, bevor er mit 17 als Soldat eingezogen wurde und weit hinein ins russische Reich musste. „Was ich nie vergessen werde, ist der ständige unerträgliche Hunger, den wir hatten“, erzählt Rahm.
Er erlitt im Krieg zwei schwere Schussverletzungen, eine davon kostete ihn fast seine ganze Sehkraft auf einem Auge. Im Nachhinein bewahrten sie ihn aber vor Schlimmeren, sagt er. „Ich war zum Kriegsende in der Genesungskompanie und geriet dadurch nicht in russische Gefangenschaft“, erzählt Rahm, der nach eigener Aussage immer eher ein unpolitischer Mensch war. „Der Krieg war damals eine Verpflichtung, der man nicht auskonnte“.
Nach dem Krieg konnte er in der PWA weiterarbeiten, wo er sich zum Industriemeister fortbildete und später zum Betriebsleiter des Kraftwerks aufstieg, bevor er nach 44 Jahren Firmenzugehörigkeit mit 60 in den Ruhestand ging. Im Berufsleben war er wie im Sport nach Aussage früherer Mitarbeiter als Chef ein echter „Teamplayer“, der in seiner ruhigen, besonnenen, aber durchaus sehr zielgerichteten Art bei allen beliebt und geschätzt war.
Mit den Bergen im Herzen durch Krisenzeiten
In den Bergen fand er die Ruhe, die er beizeiten brauchte und er konnte dort nach schweren Schicksalsschlägen immer Kraft tanken, sagt er. Seine erste Frau starb ebenso viel zu früh an Krebs wie einige Jahre später auch seine Schwester und seine einzige Tochter. Umso glücklicher war er, dass er mit seiner zweiten Frau Irene wieder eine Partnerin fand, die seine große Berg- und Sportleidenschaft mit ihm teilte und die sie beide bis vor kurzem noch intensiv leben konnten. Denn erst vor gut sechs Jahren mit Anfang 90 musste Bertl Rahm seine geliebten Ski endgültig in die Ecke stellen und auch mit dem Radfahren ist es jetzt vorbei. Aber noch schafft er die Treppe hinunter, so dass zumindest einer Spazierfahrt der Beiden in die geliebten Berge nichts im Wege steht. Petra Rapp
Bertl Rahm hatte schon in jungen Jahren immer eine Kamera am Berg dabei. |
Alle Fotos: Petra Rapp