Filmtipp: "Struktur - Eine Skispur in der Kulturlandschaft" von Hanno Mackowitz

Foto: Hanno Mackowitz

In Hanno Mackowitz‘ Arthouse Film schwebt Skifahrerin Lorraine Huber durch winterliche Strukturen aus Schneespuren und Lifttrassen, aus natürlichem Fels und designtem Beton. Realismus statt Traumfabrik. Die Dinge zeigen, wie sie tatsächlich sind. Aufwecken und vielleicht sogar verstören – das tut der österreichische Filmemacher und gelernte Geologe Hanno Mackowitz in "STRUKTUR – Eine Skispur in der Kulturlandschaft." Er blendet nichts aus für das perfekte, naturbelassene Bild, zeigt nicht den unverspurten Hang fern der Zivilisation.

Ganz im Gegenteil, er macht die Eingriffe des Menschen in die Regelkreise der Natur zum Mittelpunkt des Geschehens. Beton, tonnenschwere Drahtseile, markante Liftanlagen in einer tiefverschneiten Berglandschaft werden zu Hauptdarstellern, allesamt von Menschenhand geformt.

Vollkommen unbedarft ist nur die Spur, die Freeride-Profi Lorraine Huber wie einen roten Faden sanft in den Schnee zeichnet. In beeindruckenden schwarz-weiß Aufnahmen verschmelzen somit Landschaft, menschengeschaffene Architektur und Skiszenen miteinander. “Es ist Zeit, einen Schritt zurückzutreten, anderen Blickwinkeln Raum zu geben“, so die Freeride Weltmeisterin von 2017. „Dazu gehört auch, das eigene Ego zurückzunehmen. Sich neuen Gedanken zu öffnen.“

Skifahren im Spannungsfeld Natur und Kultur
Stumme Protagonisten, ruhige, ästhetische Bewegtbilder und die pointierten Ausführungen des österreichischen Architekturtheoretikers Dr. Peter Volgger, der neben Architektur auch Philosophie, Geschichte und Kunstgeschichte studiert hat, verstärken das Wechselspiel zwischen Kultur und Natur, in dessen Spannungsfeld sich der heutige Berg- und Freizeitsportler fast ausschließlich befindet. Die als unberührt und ursprünglich wahrgenommene Landschaft ist im Grunde eine Erweiterung des urbanen Raumes – auf diese Täuschung vermag dieses privat finanzierte Werk gekonnt hinzuweisen.

Spielen mit Klischees und Bildern des Widerpruchs
„Das Bild von Einsamkeit und Freiheit, wie es die Tourismusindustrie gerne verkauft funktioniert nur in dem man die vorhandene Infrastruktur ausblendet“ erklärt der Produzent, „die vom Menschen geschaffene Kulturlandschaft auf eine ästhetische nicht wertende weiße darzustellen war die Herausforderung bei diesem Projekt“. Freilich spielt er mit Bildern des Widerspruchs sowie Klischees. Hubers unbeschwerter Skistil spielt schon fast mit den starren Beton-Monolithen in idyllischer Berglandschaft im opulenten Querformat. Die als vermeintlich störend und als rein notwendig erachteten Bauwerke in der Natur bilden mit der Skifahrerin zwei sich gegenseitig beeinflussende und aufeinander angewiesene Elemente – das eine wäre ohne das andere zwecklos. Diese Kunstlandschaften sind die Realität und überall dort zu finden, wo der Mensch einen Fuß hinsetzt, erklärt der Architekt: „Landschaft, oder Konstruktion von Landschaft heißt immer auch Bedürfnisbefriedigung – die Landschaft ist also eine Ökonomie des Begehrens und wir versuchen dieses Begehren, zumindest zeitweise, zu befriedigen. Ganz können wir es ja nie befriedigen. Das ist der Motor, der uns in die Landschaft bringt.”

Prädikat: sehr sehenswert! pr