St. Anton im Frühjahrsfirn

Die Aussichtsplattform am Vallugagipfel auf 2811 Meter
St. Anton am Arlberg gilt als die Wiege des Skisports. Wer den großen Rummel meiden will, ist im Frühjahr dort bestens aufgehoben.
Unten auf den noch gut beschneiten Talpisten am Gampen und der Galzigbahn, die Anfang April bereits am Vormittag in der Sonne liegen, hat es schon ziemlich aufgefirnt. Also weiter nach oben und dort die noch frisch präparierten und überraschend wenig befahrenen Pisten in strahlender Frühjahrssonne genießen. „In Kürze findet zum Saisonabschluss am 19. April bei uns wieder das legendäre Rennen ‚Der weiße Rausch‘ statt (www.der-weisse-rausch.at). Lasst uns die Strecke doch mal abfahren“, sagt Skiguide Sebastian Hafele (29) und lotst die Gruppe zur Valluga und weiter zur kleinen Bahn, die ganz hinauf auf den mit 2811 Meter höchsten Arlberggipfel führt. Was für ein grandioser Ausblick oben auf das weite Alpenpanorama, den Arlberg „und seine noch verbliebenen Gletscher wie den Kaltenberggletscher, den Fasulferner, den Kartellferner oder den Flirscherferner“, wie Yannick Rumler vom Tourismusverband erklärt.


Sebastians Gespür für den richtigen Schnee
Skiguide Sebastian Hafele
Der vergangene Winter war auch am Arlberg insgesamt sehr niederschlagsarm, so dass die Schneelage zwar dank Kunstschneepisten unten nach wie vor gut, aber das spektakuläre Massenstartrennen nicht vom Vallugagrat, sondern vom Mattunjochboden direkt unterhalb des bekannten Anstiegs starten wird, erklärt Yannick. „Wir haben ja keinen Rennstress und können die Abfahrt ruhiger angehen lassen und genießen“, gibt Sebastian der Gruppe mit auf den Weg hinunter, wo er sie am späten Vormittag hinüber zur Rendlbahn und auf die gegenüberliegende Seite führt. „Hier fahren wir Einheimischen eigentlich immer am liebsten. Da ist nicht so viel los und das Gelände und die Pisten sind sehr abwechslungsreich“, erzählt er. Ja, er kennt sich aus am Arlberg und es zeigt sich über die Tage, dass er genau weiß, zu welcher Stunde an welchen Pisten der Schnee am besten ist, was im Frühjahr durchaus wichtig ist, um möglichst viel Fahrspaß zu haben. Ansonsten kann es morgens noch prügelhart oder später so weich sein, dass das Runterkommen ziemlich viel Kraft und Konzentration kostet.

Start des Run of Fame in St. Anton/Rendl, mit 85 Kilometern und 18.000 Höhenmeter die längste Skirunde der Alpen

Blick auf den Staudamm und die 3000er im Hintergrund
 
Extragenuss Frühjahrsskifahren
Cruisen im Firn, warme Temperaturen, weniger frequentierte Pisten und ab der zweiten Aprilwoche etwas günstigere Pauschalpreise und Specials - Frühjahrsskifahren hat seinen eigenen Reiz. Und für alle, die den Arlberg-Rummel samt intensiven Nachtleben hier in St. Anton ansonsten eher scheuen, ist es dann genau die richtige Zeit, hierherzukommen. Denn dass St. Anton für alle Skienthusiasten eine Reise wert ist, wird spätestens klar, wenn man sich im sehenswerten örtlichen Museum mit der Orts- und Skigeschichte vertraut gemacht hat. Hier erfährt man alles zur Entwicklung von St. Anton vom armen Bauerndorf, in dem 1901 der berühmte Ski-Club Arlberg gegründet wurde, hin zur Top-Skidestination. Vom Dorf, in dem Hannes Schneider im Winter 1921/1922 den „Skikurs“ erfand und damit einen Meilenstein der Skigeschichte setzte. Wo 1937 mit der Galzigbahn eine der ersten Gondeln im Alpenraum entstand und 1955 von Landwirtschaft auf Tourismus umgestellt wurde. Mit der Ausrichtung der Alpinen Ski-WM 2001 und den damit verbundenen Investitionen hat sich St. Anton endgültig in ein Wintersportgebiet der Superlative entwickelt. Das Arlberger Dorf ist heute Mitglied bei „Best of the Alps“ (https://www.bestofthealps.com/de/), ein Zusammenschluss der elf traditionsreichsten Alpenorte Europas, und regelmäßig Austragungsort eines alpinen Weltcuprennens.
  
 

 
Das Heimat- und Skimuseum in St. Anton

Dorf bleiben trotz Touristenrummel
1,5 Millionen Nächtigungen, 75 Prozent davon im Winter, verzeichnet der Tourismusverband heute. „Wir haben aber trotzdem ein sehr intaktes Dorfleben“, sagt Ýannick Rumler über den Ort, der heute 2300 Einwohnern und 35 aktive Vereine zählt und dank des neuen, ortsnahen Bahnhofes perfekt mit dem Zug zu erreichen ist.
Sportlich kann man sich hier auf 300 Pistenkilometern und bei guter Schneelage in mehr als 200 Kilometern Variantenabfahrten im freien Gelände intensiv ausleben. Und dann natürlich die Kulinarik mit ihren unzähligen Hauben hier am Arlberg. Wer sich beispielsweise auf ein grandioses Mittagessen auf der Sonnenterrasse in der Verwallstube oben an der Galzigbahn einlässt, muss schauen, dass er den Absprung auf die Abfahrtspiste wieder schafft. Wie die große Liebe zum Skisport auch in göttlicher Form durch den Magen gehen kann, zeigt sich in St. Anton, wo der skandinavische Skigott Ullr nicht nur Namensgeber des gleichnamigen, 2021 eröffneten Design-Hotels ist, sondern dem Küchenchef Michael auch dabei hilft, im Ullrs Wine & Dine 2-Hauben Restaurant göttliche wie unkonventionelle Speisen zu kreieren, die von seiner Frau Franziska liebevoll serviert werden.


Feinste Haubenküche an der Piste: die Verwallstube

Kulinarische Hauben-Kreationen im Ullrs Wine & Dine in St. Anton

Karl-Heinz Pale im Weinkeller der Hospiz-Alm
Apropos Wein: Da lohnt sich für alle Weinliebhaber ein Abstecher die Skipiste 64 vom Galzig hinunter nach St. Christoph in die Weinwelten der dortigen Hospiz-Alm. Hier im Keller, der ursprünglich mal ein Bunker war, lagert die größte Bordeaux-Großflaschensammlungen der Welt, kuratiert von Karl-Heinz Pale, der schon über 30 Jahre hier im Team ist und sehr unterhaltsam durch den Weinkeller führt. Mit rund 7.000 Flaschen in den Formaten Magnum bis Primat ist die Weinsammlung weltweit einzigartig und zum Kultort für Weinafficiados geworden. 

Die letzten Schwünge der Schneeafficiados hinunter im Firn zurück nach St. Anton, gemütliches Ausklingen des Skitages in der Spätnachmittagssonne beim Livekonzert von Bibiza im Rahmen des zweiten Tanzcafé Arlberg Music Festival auf dem Dorfplatz. Ein Finale deluxe einer Skisaison, in der sich Skigott Ullr insgesamt ruhig öfter von seiner guten Seite hätte zeigen können. 

Text und Fotos: Petra Rapp

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